Seit 1998 veröffentlicht der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest jährlich die JIM-Studie zum Mediennutzungsverhalten der 12 bis 19-jährigen. In diesem Jahr wurden dafür im Frühsommer 1200 Jugendliche telefonisch befragt. Die Ergebnisse geben Aufschluss darüber welche Medien und wie oft diese von jungen Menschen in Deutschland genutzt werden. Auch die Verwendung digitaler Medien in der Schule spielt eine Rolle. Hier werde ich einen Vergleich zum Länderindikator der Telekom-Stiftung ziehen.
Private Mediennutzung
Digitale Medien und Geräte spielen im Leben junger Menschen eine große Rolle. Ein Smartphone steht dabei fast jedem Jugendlich in Deutschland zur Verfügung; je älter, desto höher die Wahrscheinlichkeit.
Bildnachweis: Gerätebesitz, JIM-Studie 2017, S. 8-10
Social Media
Beim Social Media-Verhalten fallen zwei Dinge besonders auf. Facebook verliert weiter an Boden bei jungen Menschen in Deutschland. Nur noch 25% nutzen die Plattform regelmäßig. Ein fast schon dramatischer Absturz im Vergleich zum vergangenen Jahr. Da waren es noch 43%. Snapchat und Instagram gewinnen hingegen immer mehr Nutzer. Während Snapchat zum größten Teil privat genutzt wird, folgen die Jugendlichen auf Instagram auch Prominenten und Institutionen, sie sind auf diesem Kanal mehr Konsumenten als aktive Nutzer. WhatsApp hat den Durchbruch schon lange geschafft und baut seine Position weiter aus. Viele Datenschützer sehen dies – oftmals auch zu Recht – mit Bedenken und sprechen sich für Alternative Messangerdienste aus. Die Nutzer folgen diesem Aufruf jedoch nicht. Stattdessen nutzen immer mehr Menschen in Deutschland (nicht nur Jugendliche) WhatsApp.
Medieneinsatz in der Schule
Schülerinnen und Schüler bescheinigen ihren Lehrkräften Nachholbedarf beim Einsatz digitaler Medien im Unterricht. Für die Studie sollten sich die Befragten erinnern, welche Medien wie oft in den vergangenen vier Wochen im Unterricht eingesetzt wurden. Beim Blick auf die Geräte wird deutlich, dass Medien häufig gar keine Verwendung im Unterricht finden. Werden Medien eingesetzt, handelt es sich in der Regel um statischen, unkommunikative und wenig kollaborative Medien wie einem Whiteboard oder der Unterricht in einem Computerraum. Die selten Smartphonenutzung lässt zudem zwei Vermutungen zu. Entweder gibt es in vielen Schulen kein ausreichendes WLAN-Netz oder die Smartphonenutzung wird durch eine Schulordnung untersagt.
Bildnachweis: Mediennutzung zuhause und in der Schule, JIM-Studie 2017, S. 53
Weiterhin ist es auffällig, dass die im privaten Bereich selbstverständliche Mediennutzung sich nicht in der Schule widerspiegelt. Von einem lebensnahen Unterricht kann folglich nur in Ausnahmen gesprochen werden.
Bildnachweis: Einsatz digitaler Medien in der Schule, JIM-Studie 2017, S. 54
JIM-Studie und Länderindikator
Beide Studien zeigen, dass die eigene Medienkompetenz bei Lehrern und Schüler hoch eingeschätzt wird. Bei der Nutzungshäufigkeit digitaler Medien gibt es aber eine Diskrepanz zwischen den Angaben der beiden Gruppen, auch wenn die Zahlen keinen 100%ig klaren Vergleich zu lassen. Wie schon beim Länderindikator, muss ich die Selbsteinschätzung der Schüler bzgl. der eigenen Medienkompetenz ins Frage stellen. Die Erfahrungen an den Universitäten lehren ein anderes Bild. So schätzen 62% der Schülerinnen und Schüler, dass sie gute bis sehr gute PowerPoint-Kenntnisse haben. Seht euch mal eine paar Referate in Schule oder Universität an, die mit PowerPoint visuell unterstützt werden. Ich fürchte, dass sich diese Selbsteinschätzung als Fehleinschätzung herausstellt.
Und damit sind wir beim Kern des Problems: Viele, egal ob Lehrer oder Schüler, wissen überhaupt nicht, welche Möglichkeiten digitale Medien mit sich bringen. Doch wer die Möglichkeiten nicht kennt, weiß auch nicht um die Potentiale. Und wer nicht um die Potentiale weiß, hat keine Ahnung, was er/sie eigentlich verpasst.
Fazit
Die Daten zeigen wieder einmal eindrucksvoll wie viel Arbeit noch vor uns liegt, damit digitale Medien flächendeckend Einzug in die Schule erhalten. Dabei haben wir Nachholbedarf auf allen Ebenen: Infrastruktur, Lehrerfortbildung, Support, Lehrerbildung, bei politischen Entscheidern, … Diese Liste könnte ich wohl bis Weihnachten fortführen. Es gibt also viel zu tun. Neben den technischen Aspekten brauchen wir aber auch noch ein radikales Umdenken in den Köpfen und eine neue, andere schulische Supportstruktur. Doch das sind Themen für mindestens zwei weitere Blogbeiträge.