Praxisbericht zur Abmahnung für CC-Lizenzen – die 500. OER-Session

Da war ich dann doch ziemlich überrascht und dabei wollte ich nur meinen Session am ersten Tag des OERcamps 2018 West in Hattingen ankündigen. Doch bevor ich ein Wort ins Mikrofon sagen könnte, erklang der bekannte Gong der OERcamps und mir wurde ein Tasche mit vielen tollen Kleinigkeiten und drei Luftballons überreicht. Wofür? Für die 500. Session bei einem OERcamp. Ich muss sagen, es ist schon irgendwie cool nun ein kleiner Teil der Geschichte der OERcamps zu sein. Doch der Inhalt meiner Session setzt dem Ganze die Krone auf: Abmahnungen. Was für ein Timing.

Gut, man hätte es wissen können, hatte ich doch die Session via Twitter und auf der OERcamp-Webseite angekündigt. Zum Ende der Sessionplanung wollte auch Paul Klimpel seine Session zu Abmahnungen ankündigen, also entschlossen wir uns die Sessions zu einer zusammenzufassen. Paul kann aus der juristischen Perspektive und ich aus der Praxisperspektive berichten – eine Kombination, die der Session sehr gut getan hat. Wer die Ergebnisse der Session nachlesen möchte, kann dies hier tun: http://pad.o-e-r.de/p/oercamp18-west-A2-T2 (Hinweis: Bei einigen Androidgeräten scheint es Probleme mit dem Link zu geben).

Ich möchte diesen Blogbeitrag aber nochmal dazu nutzen, von meiner Erfahrung mit einer Abmahnung eines Werkes unter Creative Commons-Lizenz zu berichten, auch weil sich dies einige Personen gewünscht habe. Ich möchte all denjenigen Mut machen, die sich vor Abmahnungen für offener Materialien fürchten. Daher stelle ich mein Fazit direkt an den Anfang: Abgemahnt zu werden macht keinen Spaß, aber wenn man ruhig bleibt, braucht man sich nicht vor Abmahnungen zu fürchten.

Ich arbeite ehrenamtlich in einer evangelischen Freikirche und betreue für diese u.a. die Webseite. Zum Jahreswechsel 2015/2016 erfolgte auf dieser ein Post zum neuen Jahr. Dazu gehörte auch ein Bild der Skyline von Frankfurt inkl. Silvesterfeuerwerk. Ich hatte dieses Bild aus der Wikimedia und es stand unter CC BY-SA 3.0. Bei der Webseite handelte es sich um eine selbst gehostet WordPressseite. Im Backend wurden die Metadaten der Bilder eingetragen, also in diesem Fall auch der Lizenzhinweis. Durch ein Update kurz nach dem Jahreswechsel wurden diese Hinweise jedoch nicht mehr angezeigt. Dies fiel mir jedoch nicht auf. Im März 2016 erreicht mich dann zunächst per Mail und kurze Zeit später auch per Einschrieben ein Brief des Fotografen des Silvesterbildes, inkl. einer Abmahnung aufgrund des fehlendes bzw. durch den nicht angezeigten Lizenzhinweis. Er fordert von mir bzw. meiner Kirche 1500€. Das Schreiben war so aufgesetzt, dass es auf mich einen wahnsinnig ernsten Eindruck macht. Ich hatte einen wirklichen Schock. Dann machte ich meinen ersten richtigen Fehler, ich nahm Kontakt auf und versuchte zu verhandeln. Dieses Verhalten hatte zum Glück keine negativen Konsequenzen, dennoch war es unklug gewesen. Daher mein Tipp: Im Abmahnfall einen Profi, also einen Juristen ansprechen.

Dies habe ich dann kurze Zeit später getan. Es hat sehr geholfen, nicht nur, weil ich endlich wusste, wie ich mit der Situation umgehen kann, sondern vor allem, weil ich beruhigt wurde, dass Panik nicht notwendig und sich so eine Situation ohne größere Schäden regeln lässt. Wir gingen den juristisch korrekten Weg und schrieben eine Unterlassungserklärung, in der ich zusagte, nicht noch mal einen Verstoß des Lizenzvertrages bezüglich dieses Fotografen zu begehen. Somit konnten wir einer evtl. Klage frühzeitig entgegenwirken. Zudem boten wir 128€ als Entschädigung an und beriefen uns dabei auf verschiedene Urteile, in denen in ähnlichem Fällen maximal 100€ gezahlt werden mussten. Die zusätzlichen 28€ sollten unseren guten Willen untermauern. Der Fotograf ging auf diesen Vorschlag jedoch nicht ein und forderte weiterhin eine höhere Summe, mittlerweile aber nur noch 800€. Wir bekamen daher eine ganze Weile (über 12 Monate lange) weitere Briefe zugeschickt, darunter aber kein einziges anwaltliches Schreiben.

Mittlerweile hatten wir herausgefunden, dass der besagte Fotograf reihenweise Abmahnungen verschickte. Mitte 2017 musste er in einem anderen Verfahren sein Geschäftsmodell vor Gericht offen legen. Dabei kam heraus, dass er einen sehr hohen fünfstelligen Betrag jährlich durch Abmahnungen verdienen konnte und mittlerweile über 1000 dieser Abmahnungen verschickt hatte. Ich wäre also fast auf einen Betrüger hereingefallen. Wer dazu mehr lesen möchte kann mal im Blog (http://www.kanzleikompa.de/?s=Thomas+Wolf&submit=Suchen) des Medienanwalts Markus Kompa vorbeischauen. Einige kennen ihn vielleicht von der Re:publica 2018. Dort  trat er als Anwalt des ARD-Journalisten Richard Gutjahr auf (https://youtu.be/MXc02u_e5bE).

Das Ende vom Lied lautet also, wir haben keinen einzigen Euro an den Fotografen bezahlen müssen, die Briefe haben irgendwann aufgehört; lediglich geringe Kosten für die anwaltliche Beratung blieben übrig.

Mein Fazit lautet:

  • Habt bei OER keine Angst vor Abmahnungen.
  • Im Abmahnungsfall nicht in Panik verfallen, sondern einen Rechtsbeistand einschalten.
  • Bei der Verwendung von OER sorgfältig die Lizenzhinweise platzieren.
  • Dafür Hilfestellungen, wie den Lizenzhinweisgenerator nutzen.
  • Neben solchen schwarzen Schafen, deren Geschäftsmodell Abmahnungen sind, gibt es natürlich auch berechtigte Abmahnungen, jedoch braucht man auch hier nicht in Panik verfallen, da in aller Regel im Bildungsbereich keine hohen Kosten zu erwarten sind.
  • Ich nutze nun mehr CC0-Material, gebe aber auch hier eine Quelle sowie die Lizenz an.
  • Ich schaue genauer hin, woher Materialien kommen, da ich davon ausgehe, dass bei von (Hoch-) Schulen erstellen OER keine Abmahnungen zu befürchten sind.

Ich hoffe, dass ich mit diesem Erfahrungsbericht aufklären und Ängste nehmen kann. Gebt diese, meine Erfahrungen gerne weiter und kontaktiert mich gerne, wenn ihr Fragen habt. Und durch diese positive Perspektive war es vielleicht nicht das beste, aber doch ein gutes Thema für die 500. OERcamp-Session.

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